Rezepte für eine bessere Surf-Work-Balance
Die Motivation für meinen Blog liegt auf der Hand. Seitdem ich das Surfen für mich entdeckt habe, stand ich immer wieder in einem inneren Konflikt zwischen „klassischer Karriere“ und meiner Leidenschaft fürs Surfen. Vielleicht kennst du dieses Gefühl ja auch?!
Dazu passt, dass ich hin und wieder E-Mails von Lesern bekomme, die sich neben ihrer Arbeit, Ausbildung oder Studium mehr Freiheit fürs Surfen wünschen.
Offenbar sehnen sich viele Surfer in Deutschland vor Allem nach zwei Dingen: Einen Surfspot vor der Haustür oder zumindest einen Job, der viele Freiräume für Surftrips lässt. Am besten beides.
Doch die Realität sieht leider oft genug anders aus. Um als Binnensurfer neben einem regulären Job auch noch seine Surfskills auf Vordermann zu bringen, muss man sich schon einiges einfallen lassen.
Wellenreiten an den heimischen Küsten von Nord- und Ostsee ist schon sehr speziell. Nirgendwo sonst gibt es so wechselnde und schwierige Bedingungen wie bei uns. Nicht selten muss man lange Wege in Kauf nehmen, um dann mit etwas Glück ein Paar mäßige Windwellen abzureiten.
Deshalb brennt vielen deutschen Surfern die Frage unter den Nägeln: Gibt es ein Rezept für eine bessere Surf-Work-Balance? Und die Frage bedeutet eigentlich: Beruflich erfolgreich und trotzdem viel surfen, geht das überhaupt?!
Also habe ich ein paar Blogger und Webmaster aus der deutschen Surfszene gefragt, wie sie es neben der Arbeit oder ihrem Studium regelmäßig ins Lineup schaffen.
Herausgekommen sind spannende Antworten, die eines deutlich machen: Ja, es geht. Man muss sich seine Freiräume fürs Surfen aber hart erarbeiten.
Felix Gänsicke von Binsurfen.de
Vor einigen Jahren haben wir nacheinander voneinander das Surfen gelernt. Und zwar alle auf der Ostsee bei Rostock. Wir hatten anfangs keinen blassen Schimmer, wie es sich anfühlt, saubere Wellen in Frankreich zu surfen. Für uns gab es nur Windwelle in Wustrow. Aber wir hatten enorm Spaß!
Mit der Zeit haben sich unsere Wohnsitze geändert und wir studieren und arbeiten jetzt in verschiedenen norddeutschen Städten. Allerdings hat es keiner weiter als 2h vom Meer weg geschafft.
Wenn Wind oder Wellen da sind, lassen wir häufig die UNI sausen oder verschieben Termine (diejenigen, die von uns arbeiten sind freiberuflich) und treffen uns an den Spots. Es gibt für uns im Leben kaum so wichtige Dinge, wie aufs Wasser zu kommen.
Wir versuchen, so lange wir es können, frei zu sein – zu reisen und zu surfen.
Miss Knotch von Eat.play.surf
Im Moment ist es ehrlich gesagt keine allzu leichte Sache, weil ich gerade umgezogen bin (von der Gold Coast mit Strand direkt vor der Haustüre nach Byron Bay mit 8 km Entfernung zum Strand ohne Auto). Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass ich zumindest den Eindruck habe, dass in Australien die Arbeitszeitmodelle etwas flexibler sind als in Deutschland. Und die Gehälter sind so gut, dass man auch mit einem Kellnerjob gut über dir Runden kommt. In qualifizierteren Jobs reicht es mitunter auch 3 bis 4 Tage die Woche zu arbeiten, um mehr Zeit für Freizeit und Surfen zu haben.
Und ansonsten ist auch bei einem Vollzeitjob Disziplin gefragt. Da heißt es dann eben um 5h30 aufstehen, surfen und um 9h auf der Arbeit sein. Das ist dann schon ein echt langer Tag und man fällt spätestens um 21h müde ins Bett. Ich kenne auch Leute die starten um 6h mit ihrer Arbeit um dann um 15h nach Hause gehen zu können und noch einen Nachmittagssurf rein zu kriegen. Alles eine Frage der Organisation, Disziplin und Flexibilität deines Arbeitgebers!
Ich bin im Moment auf Grund der fehlenden Transportmöglichkeiten zum Wochenendsurfer verbannt. Aber das ändert sich nächstes Wochenende wenn ich dann endlich auch mein Fahrrad mit Surfboardracks und mein Board von der Gold Coast nach Byron Bay umziehen kann.
Dann werde ich zur Nachmittagssurferin werden, da ich von 7.30 bis 13.30h auf einer Madadamiafarm arbeite. Ich mach das für drei Monate, um mein 2nd year Visa für Australien zu bekommen.
Dann müssen nur noch die Wellen stimmen, dass ist ja schließlich auch immer so eine Sache… Aus Australien kriegt man mich jedenfalls so schnell nicht mehr weg.
Fabian und Jonas von Holmstroem.de
Wir, das sind Fabian und Jonas vom Team Holmstroem, haben das Glück, in der Nähe zum Meer zu wohnen (Kiel) und zählen daher nicht wirklich zu den landlocked Surfern. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad können wir den Strand aber leider nicht erreichen. Der nächste Ostseespot ist etwa 30 Minuten mit dem Auto entfernt und an die guten dänischen Nordseespots fahren wir drei bis vier Stunden.
Obwohl wir in Meeresnähe wohnen, ist unsere Surf-Work-Balance also trotzdem auch mit recht viel Autofahren verbunden. Da wir aber meist mit mehreren Freunden losfahren, ist der gesamte Trip inklusive der Fahrt immer lustig.
Um unsere Surf-Work-Balance dauerhaft ausgewogen zu halten, heißt es für uns neben viel Autofahren aber auch jegliche Crapwellen sowohl im Winter als auch im Sommer zu surfen. Es ist daher keine Seltenheit, dass wir im Winter in unseren 6/5/4er Neoprenanzug schlüpfen müssen und bei Schnee und Eis ins Wasser springen.
Nachdem Jonas seine Ausbildung abgeschlossen hat, ist er erstmal nach Schottland gereist und anschließend für längere Zeit nach Australien abgehauen. Jetzt ist er seit ein paar Monaten wieder in Kiel und spart für den nächsten Trip.
Ich (Fabian) bin noch Student und bin daher zeitlich meist relativ flexibel. Um öfter und in besseren Wellen surfen zu können, war ich die letzten acht Monate in Portugal.
Da die Conditions besonders an der Ostsee leider nicht sehr konstant sind, müssen wir, wie bereits oben genannt, viel mit dem Auto rumfahren und Wellen suchen. Dies kann sehr zeitintensiv werden, daher versuchen wir uns für unsere Surftrips immer im Vorfeld ausreichend Zeit zu organisieren. Für uns und viele andere Nordsurfer ist die klassische Variante für einen Wochenendtrip nach Dänemark oder Sylt zu fahren.
Zudem versuchen wir übers Jahr verteilt ein oder zwei Wochentrips in DK in einer Hütte zu verbringen. Um gute Wellen zu finden und neue Leute und Landschaften kennenzulernen, reisen wir auch gerne nach Schottland, Frankreich oder Portugal. Da wir aber immer mit Freunden unterwegs sind und schon die Reisen bzw. Fahrten unterhaltsam sind, stört es uns nicht sehr, auch mal weitere Wege für einen Surf auf uns zu nehmen.
Wer an unseren Stories interessiert ist, kann gerne mal unseren Blog besuchen. Hier veröffentlichen wir regelmäßig Bilder und Berichte von unseren Reisen und Surfs. Oder ihr schaut auf Facebook vorbei oder unterstützt uns mit einer kleinen Shopping-Tour.
Andrea und Peter von Caminosurf
Wir betreiben Caminosurf-Camps an drei Standorten: eines in Galicien, eines in Andalusien und eines in Marokko (hier liest du eine persönliche Review über das Camino Surfcamp in Marokko).
Das Ziel war immer schon so nahe wie möglich am Meer zu wohnen und durch flexible Arbeiten dann Zeit fürs Surfen zu haben, wenn die Wellen passen.
Zwar ermöglicht uns unsere Selbstständigkeit selbst zu entscheiden was wann geschieht, aber die Arbeit im Camp ist doch ganz schön intensiv – so bleibt nicht immer die Zeit fürs Surfen so wie wir uns das ursprünglich vorgestellt hatten. Zu viel Zeit vorm Computer und in der Küche, im Supermarkt und beim Transferfahren im Auto. Wenig bis gar keine Privatsphäre und das bei geringen und unregelmäßigen Einnahmen.
Alle paar Monate Standort wechseln und tausende Kilometer hinterm Steuer. Ein richtiges Zuhause gibt’s für uns nicht, so ist auch jede Form der Zukunftsplanung sehr eingeschränkt. Sicherlich nicht das wildromantische Leben, wie es uns ursprünglich vorgeschwebt ist – und doch möchten wir es nicht missen!
Das Büro mit Meerblick – in keinem der Camps mehr als 200m vom Strand entfernt – ermöglicht es, bei guten Conditions alles stehen und liegen zu lassen und dem Wellentanz zu frönen – so können wir ca. 3/4 der guten Tage für uns verbuchen. Unterm Strich eine tolle Bilanz – auch wenn man dafür vieles in Kauf nehmen muss.
Viele unserer Gäste beneiden uns beim ersten Hinsehen – nachdem sie dann aber mitbekommen, was alles hinter dieser Arbeit steckt bleiben nur wenige übrig, die sich dann auch wirklich so ein Leben vorstellen können.
Fazit: ein Surfcamp betreiben heißt viel arbeiten, viel zurückstecken aber auch viel Surfen. Uns macht’s mächtig Spaß aber es ist sicherlich nicht jedermanns Sache!
Steffen Körtje von Driftwood Travelling
Wir haben lange Zeit in sehr unflexiblen Jobs gearbeitet. Sprich Arbeiten und Surfen zu verbinden war nur sehr selten möglich. Daher haben wir (das sind meine Freunde Andre und Marco und ich) uns entschlossen unser eigenes Modell auf die Beine zu stellen. Driftwood Travelling.
Dies ist ein alternatives Reisemodell welches wir für kleine Gruppen organisieren mit den Schwerpunkten Surf/Yoga/Food. Unser Film beschreibt gibt das Modell ganz gut wieder.
Ganz wichtig waren uns besondere Orte und besondere Menschen. Seit diesem Jahr haben wir es geschafft Surfen und Arbeiten zu kombinieren und können daher sehr flexibel sowohl auf unseren Reisen als auch von überall auf der Welt arbeiten.
Schlussworte
Das ist doch eine schöne Auswahl an Rezepten für eine ausgewogene Surf-Work-Balance. Was mir an den Antworten besonders gefällt, ist der kreative Umgang mit der für deutsche Surfer oft unbefriedigenden Situation. Häufig scheint es eine Frage der Prioritätensetzung:
Wer seine Leben hauptsächlich direkt am Surfspot verbringen will, kann in Australien mit einem Work and Travel Visum genug Geld verdienen, um regelmäßig Spaß in der Welle zu haben. Du studierst in der Nähe von Nord- und Ostsee oder arbeitest freiberuflich? Dann verschiebe Termine oder lass auch mal eine Vorlesung sausen, wenn die Conditions hinhauen. Du spielst mit dem Gedanken, ein Surfbusiness am Spot zu eröffnen? Dann mach’s wie Andrea, Peter oder Steffen.
Es gibt offenbar viele Möglichkeiten, seine Surf-Work-Balance zu verbessern. Das gilt auch für landlocked Surfer. Lass dich aber nicht täuschen: Niemandem der oben erwähnten Surfer wurde etwas geschenkt.
Gerade für die Freiberuflicher gilt: Es ist nicht alles nur Spaß, sondern auch viel Arbeit. Ein Surfcamp betreibt man nicht nebenbei und auch als Anbieter von Surfreisen wird man nicht geboren.
Aber eines ist Sicher. Wenn du Surfer bist, macht’s dich in dem Fall glücklicher!!