Grunzende Kraftprotze, die ihr nasses Revier mit düsteren Blicken, dem Ausrotzen von Resthirn und zur Schau gestellter Männlichkeit verteidigen. Das ist die traurige Realität an vielen übervölkerten Surfspots der sieben Weltmeere.
Es ist zum Verzweifeln! Gäbe es da nicht diese nixenhaften Geschöpfe, die wie aus dem Nichts im Lineup auftauchen und selbst dem übelsten Platzhirschen ein flüchtiges Lächeln ins Gesicht zaubern.
Genau, die Rede ist von Surfchicas. Auch wenn surfende Ladies selten sind, es gibt sie, zum Glück!
Aber ich will mehr von euch in den Wellen, bitte!
Glücklicherweise habe ich das Gefühl, dass gerade in Deutschland immer mehr Surferinnen mit dem Surfen anfangen. Wenn ich mich so umschaue in den sommerlichen Surfcamps in Spanien, Frankreich oder Portugal, gewinne ich sogar den Eindruck, dass die Mädels inzwischen in der Mehrheit sind.
Leider schaffen es die Wenigsten, nach den ersten Schnupperkursen am Ball zu bleiben, um auf eigene Faust einen Surftrip durchzuziehen. So bleibt das stereotypische Lineup leider oft eine reine Männerdomäne und nur ganz vereinzelt erblickt man(n) eine Surferin.
Wieso, weshalb, warum? Die Genderfrage!
Warum ist das so? Lassen sich Surferinnen vom aggressiven Konkurrenzverhalten der aufgereihten Männerhorde zu sehr einschüchtern? Sind sie zu ängstlich in der Welle oder einfach zu schlau, um sich auf das archaische Spiel im Wettstreit um die besten Wellen einzulassen?
Frei nach dem Motto: Macht ihr nur ein auf Lemminge, ich finde schon mein eigenes ruhiges Plätzchen im Lineup.
Oder brauchst du als Surferin eine ganz eigene Strategie, um den starken Jungs ein paar Wellen abzuluchsen?
Ich wollte es genauer wissen!
Weil ich auf diese Fragenaber naturgemäß nix druckreifes zustande bringe, habe ich sieben Surferinnen gebeten, ihre Sicht der Dinge einmal klarzustellen:
Surferin Pana von Take Off and Travel
Eigentlich sehe ich die Überzahl an Männern im Lineup gar nicht als Problem!
Im Gegenteil, Ich finde das eher angenehm: Die Jungs finden es meist cool, dass du dich den Wellen überhaupt stellst und lassen dich das dann auch wissen!
Wenn du was drauf hast, bekommst du Respekt dafür und wenn du am kämpfen bist, supporten sie dich.
Und wenn du dich von Anfang an freundlich verhältst, nicht reindroppst und nicht in Abwehrhaltung gehst, lassen sie dir sogar oftmals gentlemanlike den Vortritt auf einer Welle.
Wichig ist: wenn du dich wirklich BEMÜHST und dich nicht von ein paar Wipe-Outs unterkriegen lässt, sondern jeden einzelnen feierst, dann nehmen dich die Kerle auch ernst.
Meine Strategie lautet also:
- Erhobenen Hauptes rein da (was kann dir denn schlimmstenfalls passieren? Dass irgendwelche Trottel dich blöd finden? Wen interessiert das?)
- Freundlich sein
- Niemandem im Weg stehen
- Offen sein
- Spaß haben!!!
Und im Endeffekt zählen nur die Wellen und du! Genieß es und lass es dir nicht von irgendwem madig machen!
Surferin Franzi von Coconut Sports
Ich surfe erst seit einigen Jahren und bin deshalb auch (noch) nicht in den richtig großen Wellen unterwegs. Aber gerade in Gegenden mit wenig Spots gibt es natürlich auch in den kleinen und mittelgroßen Wellen viel Konkurrenzkampf – und einen gewaltigen Männerüberschuss.
Grundsätzlich habe ich im Lineup aber die Erfahrung gemacht: Wie man in den Wald reinschreit, so kommt es auch wieder raus. Ich bin ein sehr offener Mensch und finde es merkwürdig, nur nebeneinander auf dem Board zu sitzen und sich anzuschweigen. Deshalb lächle ich grundsätzlich erstmal jeden an und versuche auch immer ein Schwätzchen zu halten.
Gerade in Ländern wie Marokko oder Guadeloupe – in denen Surfen ein echter Männersport ist – fahre ich damit eigentlich immer sehr gut. Die Jungs dort freuen sich total, wenn auch mal ein paar Mädels im Wasser sind. Sie geben dann gerne Tipps und überlassen mir ab und zu sogar eine Welle.
Wirklich unschöne Szenen konnte ich bisher nur in Australien beobachten. Zuletzt sogar einen riesigen Typen, der eine Zwölfjährige vom Board gestoßen hat, die ihm unabsichtlich in die Quere gekommen ist. An solchen Spots räume ich dann lieber freiwillig das Feld.
Surferin Sabine von sea you soon
Ich habe nichts gegen Männer – ich mag sie sogar sehr gerne, auch im Lineup.Mich schüchtert eine große grüne Wasserwand ein, wenn sie auf mich zurollt aber kein Mann auf einem Surfboard.
Egal ob Mann, Frau, Anfänger oder Profi – es ist völlig egal, welches Geschlecht wir haben, denn wir teilen doch alle dieselbe Liebe und Leidenschaft zum Meer und wollen eine gute Zeit in den Wellen haben! Das ist das was zählt.
Ich halte es grundsätzlich für wichtig sich an die Surfetikette zu halten. Damit kann ich gewisse Konflikte von Anfang an vermeiden. Ich gehe respektvoll mit meinen Mitmenschen um und erwarte das auch von meinem Gegenüber.
Ich bin noch nicht an so vielen Orten gesurft, aber bisher hatte ich immer das große Glück, dass positive Vibes herrschten und von Konkurrenzkampf wenig zu spüren war. Mal sehen welche vollen Lineups, und damit verbundene Herausforderungen, mich dieses Jahr noch in Australien erwarten.
Surferin Jasmin vom Mira Mireau Reiseblog
Natürlich gibt es immer weitaus weniger Frauen als Männer im Lineup. Das ist kein großes Geheimnis und daher ist es nicht verwunderlich, dass man als Surferin erstmal die Blicke auf sich zieht.
Einschüchtern lasse ich mich davon allerdings nicht und wenn überhaupt dann nur von dem Können mancher Surfer und das ist ganz unabhängig vom Geschlecht.
Hier hat sich für mich stets ein simples herzliches Lächeln als gute Strategie bewährt. Wer anderen sympathisch ist, der wird auch im Meer fair behandelt. Schließlich teilen wir alle dieselbe Leidenschaft!
Ich habe bisher aber auch ausschließlich die Erfahrung machen dürfen, dass von den männlichen Surfern immer ein großes Interesse aus ging, mir zu helfen und mir Tipps für meine Technik zu geben. Vielleicht weil sie besser waren, vielleicht weil ich eine Frau bin und sie Respekt davor haben, dass ich mich mit meinem zierlicheren Körperbau gegen die Naturgewalten durchsetze und mich nicht einschüchtern lasse…
Ich weiß es nicht, aber ich habe ihre Hilfe immer gerne angenommen. Aber natürlich, Idioten gibt es überall, auch gelegentlich mal im Lineup, aber selbstverständlich auch weibliche.
Also hier mein Tipp an all die Surferinnen da draußen: Lächelt, seid sportlich und fair, lasst euch nicht einschüchtern, niemand ist als Profi geboren, auch kein Mann, teilt eure Leidenschaft und habt Spaß am Surfen!
Surferin Miss Knotch von EAT. PLAY. SURF.
Mein Umgang mit der Überzahl an Männern im Lineup ist ziemlich abhängig von meiner Tagesform. Es kann schon ein wenig einschüchternd wirken, aber dann habe ich meistens ohnehin einen schlechten Tag, da machen mir die Jungs auch nicht mehr viel aus.
Insgesamt versuche ich Kontakt aufzubauen und „Freunde“ im Wasser zu finden. Auch weil ich öfters alleine surfen gehe, wenn sonst niemand Zeit hat. Dann ist es mir besonders wichtig, eine gute Stimmung um mich herum zu haben. Und so bin ich häufig die einzige Frau im Wasser.
Meiner Erfahrung nach bringen Surferinnen eine ganz andere, viel entspanntere Stimmung ins Lineup. Wir versuchen einfach eine gute Zeit zu haben und uns an Wellen, Sonne und Meer zu erfreuen.
Auffallen tue ich als Surferin meist ohnehin.
Ich höre immer wieder Geschichten von Konkurrenzkampf und harten Auseinandersetzungen im Wasser. Und auch, dass Anfänger schnell auf die Plätze verwiesen werden. Vielleicht liegt es an der Gold Coast in Australien, wo ich bisher die meiste Zeit gesurft bin, aber ich habe so eine Situation bisher noch nie erlebt.
Im Gegenteil, ich habe sogar schon mehrmals Freundschaften im Wasser geschlossen, die auch noch an Land anhielten. Dabei versuche ich mir Tipps geben zu lassen, lächle viel, quatsche ein bisschen in den Setpausen und dann klappt das meistens auch mit den Wellen.
Und komische Blicke werden einfach ignoriert, nicht zuletzt ist es eine Einstellungsfrage. Und meine Liebe zum Wellenreiten lasse ich mir von niemandem nehmen!
Surferin Dani von welt kopfunter
Ich denke das kommt sehr auf den Spot an. Im Sommer in Hossegor (Frankreich) ist im Lineup immer sehr viel los und die Locals sind wirklich nicht zimperlich.
Da suche ich mir dann einfach etwas abseits einen Spot, an dem nicht ganz so viel los ist und meine Chancen höher sind, eine Welle zu bekommen. Das sind dann vielleicht nicht die allerbesten Wellen, aber ich, als Anfängerin, will einfach so viele Wellen wie möglich catchen.
In Australien ist es an vielen Surfspots nicht so voll und somit ist die Konkurrenz auch geringer. Hier gehe ich einfach gut gelaunt ins Wasser und sage im Lineup freundlich „Hi, how are you today?“
Ich versuche einfach einen Smalltalk zu starten. Dann bekomme ich auch sehr oft Tipps zum Spot und werde nett behandelt. Und manchmal bekomme ich sogar Feedback, was ich beim nächsten Takeoff besser machen könnte.
Außerdem habe ich hier in Australien das Gefühl, dass viel mehr Mädels surfen als in Europa. Ach, eigentlich surft hier jeder und wegen diesem entspannten Surfer Lifestyle sind wir auch nach Australien ausgewandert.
Surferin Barbara von Indojunkie
Also das mit dem Surfen hat echt lange gedauert bei mir! Insgesamt habe ich 8 Monate als Volunteer auf Bali verbracht. Nach vielen Wochenenden des Trainierens hatte ich es endlich einigermaßen geschafft, grüne Wellen zu surfen.
Volle Lineups waren dabei allerdings nicht sehr förderlich. Gerade als Anfängerin kann das ganz schön einschüchternd wirken. Es gar nicht erst zu probieren, ist aber auch keine Lösung. Also, was tun?
Ich persönlich hatte immer die Tendenz eher vom Peak weg zu gehen. Ich wollte ja niemandem im Wege sein, keinem eine Welle wegschnappen und sie dann nicht surfen können und vor allem auch niemanden verletzen, weil Kurven fahren konnte ich ja auch nicht.
Diese Einstellung änderte sich aber von dem Tag an als ich in Baby-Padang einen balinesischen Bekannten im Lineup traf. Er lud mich ein, näher zum Peak zu kommen, wo er und seine Freunde saßen. Er zeigte mir, wo ich sitzen muss, um Wellen zu erwischen und er schubste mich sogar in die Wellen, damit ich wirklich grüne Wellen abbekam.
Auch an einem sehr flachen Tag in Bingin half mir ein sehr gechillter australischer Longboarder, Wellen zu nehmen und lud mich sogar ein, eine Welle zusammen mit ihm anzupaddeln und dann zu surfen. Auch die Atmosphäre in Batu Bolong und Old Man´s fand ich immer sehr gechillt und freundlich Surferinnen gegenüber.
Generell fand ich, dass ich als Surferin in Bali sehr wohl einen Mädels-Bonus habe – solange man nicht Uluwatu surft! Denn viele männliche Locals scheinen es sehr zu genießen, Surflehrer zu spielen und ihre Freude am Surfen an Touristinnen weiter zu geben. Tipps bekomme ich immer und kleine Fehler werden mir als Mädel leichter verziehen.
Nett und freundlich sein muss ich natürlich schon! Ein bisschen flirten schadet nie, aber Arroganz und Ignoranz hilft dir auf keinen Fall weiter, auch als Mädel nicht.
Trau dich einfach! Paddel ins Lineup, chill auf deinem Brett, laber ein bisschen mit den Leuten um dich herum oder lächle sie einfach an.
Ich schreibe übrigens gerade an einem Surfguide für Bali, der demnächst als Ebook auf unserem Blog Indojunkie erscheinen wird.
Fazit
Respekt, entspannte Stimmung und ein freundliches Lächeln. Das sind die Stichwörter, die von jeder Surferin genannt werden.
Die Liebe zum Wellenreiten lassen sie sich offenbar von niemandem nehmen – ein Gefühl, das ich längst nicht bei jedem verbissenen Lineup-Gockel habe.
Lächeln als Strategie! Sehr geil, und eigentlich ganz einfach. Klingt so als sind uns die Mädels in Sachen Entspanntheit um Längen voraus.
Man(n) kann also definitiv von ihnen lernen.
Ommmmmmmm….
Und wie geht es dir? Bist auch Du oft angenervt von dem aggressiven Verhalten von Typen im Lineup? Sind Frauen generell entspannter im Wasser als Männer?
Hi Julian,
der Artikel ist echt cool geworden. Sabine und ich werden hoffentlich gemeinsam noch ein paar Wellen in Perth rocken.
Danke!
Cheers Dani
Hey super, dass ihr jetzt auch offline zusammen surft 😉
Viel Spaß im Wasser!
LG Julian
Hi Julian, super Idee und sehr schöner Bericht. Und: Respekt Mädels – ihr macht das toll!
Na klar, Stefan, die Mädels haben´s raus! Ob Anfänger oder Könner, letztendlich geht’s uns doch allen um Spaß und gegenseitigen Respekt in den Wellen. Dass die Mädels für beides garantieren, zeigen ihre Statements doch sehr eindrucksvoll.
Freut mich, dass der Artikel dir gefällt 🙂