BEYOND SURF MOVIE: EINE SURFREISE JENSEITS DES MITTELMEERS

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Andreas Jarritz (Foto: Lupi Spuma)

Andreas Jaritz ist einer der Macher der international gefeierten Surfoku THE OLD THE YOUNG AND THE SEA. Sein neues Filmprojekt BEYOND, das seit einigen Tagen durch Deutschland und Europa tourt, steht seinem berührenden Vorgängerwerk in Sachen Authentizität und Einzigartigkeit in nichts nach.

Im Gegenteil: Die westafrikanische Surfdoku nimmt uns mit an magische Plätze jenseits des Mittelmeers und erzählt auf tiefgründige Weise die Geschichten von abenteuerlustigen Surfreisenden und einheimischen Pionieren, die trotz unterschiedlicher Herkunft, Ethnien und Religionen durch eine Leidenschaft auf besondere Weise miteinander verbunden sind: Dem Surfen.

Im Interview verrät uns Andreas, was die afrikanische Surfkultur so einzigartig macht, wer seine wahren Filmhelden sind und wie die Filmcrew es geschafft hat, das Vertrauen der Locals zu gewinnen. Und am Ende hat er sogar noch ein paar wertvolle Tipps parat, die dir bei der Planung deines nächsten Surftrips nach Westafrika sicher weiterhelfen werden.

Zur Einstimmung aber erstmal der Trailer:

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Moin Andy, als erstes herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Meisterwerk! Ich nehme mal an, es war mal wieder ein riesiger Haufen Arbeit. Erzähl doch mal kurz wie es dazu kam, nach dem großen Erfolg von The Old, The Young and the Sea, eine neue Surfdoku über die surftechnisch noch vergleichsweise unerschlossenen Länder Marokko, Mauretanien, Westsahara,  Senegal und Gambia zu drehen?

Danke Julian! Das Projekt hat sich aus einer geographischen Logik, aber auch aus Interesse der Crew-Mitglieder heraus entwickelt. Nach OldYoungSea musste man nur konsequent der Landkarte gen Süden folgen (wir drehten ja bis Lissabon) und man gelangt nach Afrika oder besser gesagt nach Marokko.

Mario Hainzl, unser Regisseur, machte während des Publizistik Studiums ein Auslandssemester in Saint Louis im Senegal. Er wollte irgendwann dorthin zurückkehren und ein (Medien-)Projekt dort machen.

Tja und dazwischen – also zwischen Marokko und Senegal liegt jede Menge Sand und Wüste, die es zu entdecken galt. Vom visuellen Konzept her war der Plan von den Alpen bzw. dem mediterranen Europa aufzubrechen und durch die Wüste bis in den tropischen Süden Senegals eine Anzahl an klimatischen Zonen in Bildern einzufangen.

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Foto: Lupi Spuma

Ähnlich wie bei THE OLD, THE YOUNG AND THE SEA nehmen die Einheimischen und ihre Geschichten in BEYOND eine zentrale Rolle ein. Geht es euch dabei eigentlich noch ums Surfen oder ist der Film vor allem eine Sozial-Doku über das prekäre Leben der Menschen an der Küste Westafrikas?

Ähnlich wie bei THE OLD, THE YOUNG AND THE SEA nehmen die Einheimischen und ihre Geschichten in BEYOND eine zentrale Rolle ein. Geht es euch dabei eigentlich noch ums Surfen oder ist der Film vor allem eine Sozial-Doku über das prekäre Leben der Menschen an der Küste Westafrikas? 

Ich weiß nicht, ob ich mit dem Begriff prekäres Leben der Menschen im Zusammenhang mit unserem Film was anfangen kann. Es stimmt, dass einige der Menschen, die wir interviewed haben, ein hartes Leben führen. Das steht außer Frage. Aber der Film sucht nicht nach extremen im Leben, sondern nach Lebensformen an sich. Natürlich kann man den Lebensstandard in Afrika nur ganz punktuell mit unserem vergleichen.

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Foto: Lupi Spuma

Die von euch bereisten Länder und Regionen sind gesellschaftlich, kulturell und landschaftlich extrem vielfältig – gilt das auch für die Surfbedingungen und inwiefern ist das Surfen ein Bindeglied zwischen den diversen ethnischen Gruppen, Kulturen und Religionszugehörigkeiten eurer Protagonisten?

Die von euch bereisten Länder und Regionen sind gesellschaftlich, kulturell und landschaftlich extrem vielfältig – gilt das auch für die Surfbedingungen und inwiefern ist das Surfen ein Bindeglied zwischen den diversen ethnischen Gruppen, Kulturen und Religionszugehörigkeiten eurer Protagonisten?

Die Surfbedingungen waren entlang der Reiseroute sehr vielfältig. Wir haben alles gefunden: von den massiven Pointbreaks und punchy Beachies in Marokko über unfreundliche Riffe bis hin zu den tropischen „Chill-Wellen“.

Den meisten Leuten ist es im Wasser ziemlich egal, was du bist, wer du bist und was du glaubst. In den Gebieten, wo es eine beträchtliche Anzahl an Locals gibt (wie z.B. in Dakar), ging es immer nur um den Spaß und das Teilen der Wellen. Alles andere war egal.

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Senegal Dakar (Foto: Andreas Jaritz)

Wer sind die Helden in eurem Film? 

Wer sind die Helden in eurem Film?

Die Charaktere, die es in den Film geschafft haben und die ganz ganz vielen, die sich die Zeit für uns genommen haben, es aber nicht in den Film geschafft haben. Die findet man auf unseren Webseiten, in unserer Portraitserie, die als Poster rauskommt etc.

Aber ich glaube, deine Frage ziehlt auch noch auf etwas anderes ab: Die Helden in unserem Film sind die, deren Geschichte, deren Wünsche oder deren Hoffnungen spannend zu verfolgen sind und von denen wir etwas lernen können oder uns davon anstecken lassen können. Die Helden in unserem Film sind aber auch die, die wenig haben aber daran arbeiten, diesen einen kleinen nächsten Schritt zu machen, der sie voranbringt im Leben. Die Helden im Film sind die, die die kleinen Dinge im Leben erkennen und sich an diesen orientieren, damit irgendwann auch was Größeres entstehen kann.

Die Charaktere, die es in den Film geschafft haben und die ganz ganz vielen, die sich die Zeit für uns genommen haben, es aber nicht in den Film geschafft haben. Die findet man auf unseren Webseiten, in unserer Portraitserie, die als Poster rauskommt etc.

Aber ich glaube, deine Frage ziehlt auch noch auf etwas anderes ab: Die Helden in unserem Film sind die, deren Geschichte, deren Wünsche oder deren Hoffnungen spannend zu verfolgen sind und von denen wir etwas lernen können oder uns davon anstecken lassen können. Die Helden in unserem Film sind aber auch die, die wenig haben aber daran arbeiten, diesen einen kleinen nächsten Schritt zu machen, der sie voranbringt im Leben. Die Helden im Film sind die, die die kleinen Dinge im Leben erkennen und sich an diesen orientieren, damit irgendwann auch was Größeres entstehen kann.

©Felix Gänsicke-49

Foto: Felix Gänsicke

Wie habt ihr den Kontakt zu den Locals hergestellt? Hattet ihr da ein bestehendes Netzwerk oder haben sich die meisten Kontakte spontan vor Ort ergeben?

Teils teils. Wie schon bei OldYoungSea hatten wir uns vorab in langen Recherchen alles an Informationen und Kontakten zusammengesucht, um eine grobe Story ausarbeiten zu können. Wir hatten einige Kontakte (über ein Surfcamp in Marokko, durch eigene Reisen, durch andere Filmfirmen wie die Lotus-Film) und konnten uns anhand dieser entlangbewegen. Wir machten aber auch eine Recherchereise in den Senegal, Gambia und nach Marokko, um zu chekcen, ob das realistisch ist, was wir uns da ausdenken. Tja und da Mario auch im Senegal studiert hat, gabs da auch wertvolles Vorwissen.

Wie habt ihr es geschafft, das Vertrauen der Locals zu gewinnen, so dass sie euch auch vor der Kamera auf natürliche Weise begegnet sind? 

Wie habt ihr es geschafft, das Vertrauen der Locals zu gewinnen, so dass sie euch auch vor der Kamera auf natürliche Weise begegnet sind?

Viel davon entwickelte sich dank unserer „Fixer“, also unsere lokalen Guides, die oft Fotografen, Journalisten, beim Film oder im Tourismus tätig waren. Mit den Local Guides geht vieles einfacher. Aber viel von dem Vertrauen entstand auch dadurch, dass wir uns immer die Zeit nahmen, den Leuten gut und lange zu erklären, was wir vorhatten, wie wir sie zeigen wollen, was wir nicht wollen

Wir versuchten den Leuten das zu geben was sie wollten: Nämlich das Gefühl, dass sie von uns in dem, was sie machen, respektiert werden. Wenn du die Menschen nicht als Objekt deiner (medialen) Begierde sondern als Persönlichkeiten wahrnimmst und zeigst, dann sind die meisten Menschen offen dafür, mit dir zu sprechen.

Ein Ice-Breaker war oft aber auch unsere Fotografin Judith, die viel im Fashion Bereich macht und extrem gut mit den Leuten kann. Wenn sie mal ihre Fotos gesehen haben, dann waren sie voll oft super motiviert, mit uns zu arbeiten.

Habt ihr auf eurer Reise durch das arabisch geprägte Marokko auch lokale Surferinnen getroffen – inwieweit sind surfende Frauen dort gesellschaftlich akzeptiert und was bedeutet ihnen das Surfen? 

Habt ihr auf eurer Reise durch das arabisch geprägte Marokko auch lokale Surferinnen getroffen – inwieweit sind surfende Frauen dort gesellschaftlich akzeptiert und was bedeutet ihnen das Surfen?

Diese Frage kann sich jeder am besten beantworten, in dem er/sie sich den Film ansieht 😉

Habt ihr auf eurer Reise durch das arabisch geprägte Marokko auch lokale Surferinnen getroffen – inwieweit sind surfende Frauen dort gesellschaftlich akzeptiert und was bedeutet ihnen das Surfen?
Filmszene aus Beyond - An African Surf Documentary


Filmszene aus Beyond - An African Surf Documentary

Ja, wir haben muslimische Surferinnen nicht nur getroffen sondern genau das, was du ansprichst auch im Film. Die haben’s nicht leicht. Sie sind aber auch tough und es tut sich was bei den jungen in Marokko. Surfen nimmt da auch eine wichtige Rolle in der gesellschaftlichen Emanzipation der Frauen ein. Da hat Surfen fast schon wieder eine gesellschaftspolitische Rolle bzw. hilft das Surfen, gesellschaftspolitische Gegebenheiten zu hinterfragen.

Auf der Website zum Film findet man der Satz: “Who believes lineups are getting crowded has never really dared to travel.” Kann BEYOND auch als ein kleiner Arschtritt an all die Surfurlauber verstanden werden, die es sich in den Surfhochburgen der europäischen Atlantikküste vielleicht etwas zu bequem gemacht haben?

Auf der Website zum Film findet man der Satz: “Who believes lineups are getting crowded has never really dared to travel.” Kann BEYOND auch als ein kleiner Arschtritt an all die Surfurlauber verstanden werden, die es sich in den Surfhochburgen der europäischen Atlantikküste vielleicht etwas zu bequem gemacht haben?

Das wäre zynisch und auch heuchlerisch, wenn ich jetzt unkommentiert Ja sage. Ich mach es mir auch gerne mal in Europa dort gemütlich, wo man alle Annehmlichkeiten hat, aber wo es halt busy ist. Was wir schon damit meinen ist aber: Viele Leute machen es sich sehr einfach mit dem Surfen (was voll Ok und akzeptabel ist, es ist fein, wenn’s gemütlich ist), beschweren sich aber darüber, dass es hier so voll ist (haben den Trip aber über den größten Surftrip Anbieter gebucht... z.B.).

Es ist halt mal so, dass surfen eine der feinsten Dinge ist, die dieses Leben zu bieten hat. Und man ist halt nicht alleine, wenn man es entdeckt.

Und außerdem hat Surfen immer auch etwas mit Suchen und Finden oder Nichtfinden, mit Hoffnung (ich weiß hier könnte es gute Wellen geben) und Enttäuschung (ne, heut is mega onshore) und vor allem mit Entdecken zu tun. Und wer entdecken will, der/die soll mal in den hohen Norden Blicken oder in Portugal mal die Costa Vicentina checken. Oder einfach mal von Taghazout zwei Stunden Richtung Süden fahren. Man wird überrascht sein, was man da findet.

Ist die Surfszene Westafrikas noch so ursprünglich, subkulturell und authentisch wie in den Anfangszeiten des Surfens in den heutigen Surfhochburgen?

Ist die Surfszene Westafrikas noch so ursprünglich, subkulturell und authentisch wie in den Anfangszeiten des Surfens in den heutigen Surfhochburgen?

Ich glaube eigentlich nicht. Weil in den Anfangszeiten des Surfens wussten (siehe dazu zum Beispiel auch The Old, the Young & the Sea) die isolierten Surfpioniere gar nicht, dass es anderswo die gleichen Verrückten gab. Das war so wie wir uns vorstellen, dass es auf einem anderen Planeten Leben gibt... Das Surfen in z.B. Südmarokko, der Westsahara, Mauretanien aber auch im Senegal oder Namibia kennt aber all die Bilder der hochgezüchteten Surfmaschinerie des „Westens“. Sie wissen, wer ein Kelly Slater ist, dass es Wellen in Biarritz gibt usw.

Dennoch konnten wir schon auch so etwas wie einen Blick in die Vergangenheit des Surfens werfen, nämlich dort, wo der „kulturelle Überbau“ des Surfens, die Entwicklung einer Individualkultur, die innige Auseinandersetzung mit dem Element Wasser an sich usw. ganz am Beginn steht. Vielerorts ist das Surfen in Afrika einfach „pure-pleasure“, es ist die Inkarnation des „Lebens im Moment“ (was man in Afrika übrigens sehr gut kann). Der gesamte Überbau der Surfkultur und Surfmusik fängt dort erst so richtig an.

Welche Surfregion hat dich auf der Drehreise am meisten beeindruckt?

Welche Surfregion hat dich auf der Drehreise am meisten beeindruckt?

Safi war ne krasse Welle. Das ist wohl der Righthander in Nordmarokko. Ansonsten der gesamte Süden Marokkos und die Westsahara. Surfbreaks ohne Ende und niemand dort. Außer die super netten Locals der Surfclubs in Tarfaya und Tan Tan Plage. Die Dakhla Halbinsel ganz im Süden der Westsahara war der Wahnsinn. Die Welle in Nouakchott, Mauretaniens Hauptstadt. Die hat uns in ihren Bann gezogen. Tja und dann sind da noch die Wellen von Dakar und der Süden von Senegal....

©Felix Gänsicke


Foto: Felix Gänsicke

Welche Orte kannst du als Ausgangspunkte für einen individuellen Surftrip in Westafrika empfehlen?

In Marokko: Agadir anfliegen, ein Auto nehmen, vielleicht zusammenlegen für einen coolen local Guide wie den Ayoub aus Taghazout, Kis Kis vom Camino Surf Camp, alles einpacken und die Küste südlich von Taghazout checken... Man wird belohnt. Vor allem, wenn Taghazout im Swellschatten liegt, bei viel Nord im Swell. Man kann von Agadir auch weiterfliegen nach Dakhla. Dakhla ist das Kite Gebiet in der Westsahara, hat aber auf der vorgelagerten Halbinsel einige ausgezeichnete Spots zum Wellenreiten zu bieten.

Gibt es vor Ort auch Surfcamps oder einheimische Surfguides, die reisenden Surfern mit ihrem lokalen know-how weiterhelfen

Ja die gibt es. Also in Sidi Ifni gibt es das Camino Surfcamp von Peter, der auch schon unsere erste Filmproduktion unterstützt hat. Ansonsten hier der Hinweis auf meinen Gastbeitrag über Westafrika bei dir... Dort hab ich ein paar Anbieter bzw. Info zusammengestellt.

Wunderbar! Vielen Dank für das spannende Interview Andy und viel Erfolg mit der nun anstehenden Filmtour!

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